Das größte Glück für die größte Zahl – ein gutes Ziel?
- Philoimpuls
- 9. Dez. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Dez. 2020
Viel öfter als wir uns vielleicht darüber bewusst sind werden wir vor ethisch relevante Entscheidungen gestellt. So kann der einfache Kinobesuch schon ein schlechtes Gewissen hervorrufen – dann zum Beispiel, wenn man sich fragt: Ist das jetzt wirklich notwendig? Oder wäre es nicht viel besser, das Geld stattdessen für einen guten Zweck zu spenden? Sollte ich einen Organspendeausweis ausfüllen? Urlaub in fernen Ländern machen? Lieber das Fahrrad als das Auto nehmen?
Sehr viele unserer Handlungen erfordern ethische Reflexion und die Frage, die sich stellt, lautet: Woran soll ich mich in meinem Handeln orientieren?
Vertritt man die Auffassung, dass man sich immer für diejenige Handlung entscheiden sollte, die das größte Glück für die größte Anzahl an Menschen (oder auch nichtmenschlichen Lebewesen) hervorruft, zählt man zu den sogenannten „Utilitaristen“. Da der Utilitarist auf das Ergebnis oder die Konsequenz einer Handlung schaut, wird der Utilitarismus den konsequentialistischen Theorien zugeordnet. Klassische Utilitaristen sind der Auffassung, dass Leid und Schmerz schlecht sind und vermieden werden müssen. Sie halten Glück und Lust für gut. Daraus folgt für sie, stets so zu handeln, dass das Glück der größten Zahl an Lebewesen vermehrt wird. Das bedeutet, auch manchmal auf das eigene Glück verzichten zu müssen, um größeres Glück herbeizuführen.
Diese ethische Grundhaltung klingt vielleicht erst einmal überzeugend und vermutlich handeln wir oftmals sogar nach einem an den Utilitarismus angelehnten Motto. Wenn man sie aber konsequent weiterdenkt, tauchen einige Schwierigkeiten auf: Wie weit muss man seine eigenen Bedürfnisse zurückschrauben, um aus dieser Perspektive ethisch gut zu handeln? Auf den Kinobesuch zu verzichten, ist vielleicht noch möglich, aber wie sieht es mit anderen Dingen aus? Und müsste es nach dieser Vorstellung nicht sogar erlaubt sein, das Glück mancher Menschen für das Wohl vieler zu opfern?
Wäre es außerdem wirklich erstrebenswert, wenn wir nun alle auf Kinobesuche verzichteten? Schließlich würden damit nicht nur Kinobetreibern, sondern auch einer großen Anzahl an weiteren Personen, die in diesem Business arbeiten, finanzielle Einbußen, wenn nicht sogar Arbeitslosigkeit drohen. Und wer weiß, ob diese Personen nicht ihrerseits sogar viel Geld für gute Zwecke spenden? Auf der anderen Seite führt es bei einigen wenigen, wie beispielsweise hochgezahlten SchauspielerInnen oder Regisseuren zu Überfluss und Luxus, die vielleicht nichts davon abgeben, während andere Menschen hungern müssen. Um tatsächlich herausfinden zu können, welche Handlung das größte Glück für die größte Zahl hervorruft, würden wir in vielen Fällen wohl einen objektiven und allwissenden Beobachter benötigen, der dazu fähig ist, in die Zukunft zu schauen - und den scheint es leider nicht zu geben.
Tipp: Auch wenn der Utilitarismus als ethische Theorie einige Kritik hervorruft, scheint es gar nicht mal so verkehrt zu sein, Schmerz und Leid vermeiden und selbst Gutes tun zu wollen. Ein Tipp könnte also sein, sich zwar nicht als "UtilitaristIn" zu bezeichnen, aber die Konsequenzen der eigenen Handlungen abzuwägen, zu überlegen, ob Rechte der von der Handlung betroffenen Lebewesen berührt werden und Entscheidungen bewusst zu treffen. So kann man beispielsweise versuchen, sich darüber zu informieren, ob in der Filmproduktionskette irgendwo jemand sitzt, der sich für gute Zwecke einsetzt, ob das Produkt, das ich kaufen möchte, ethisch vertretbar hergestellt wurde und ob die Urlaubsreise klimafreundlich sein und zum Beispiel die Menschen oder Tiere vor Ort unterstützen kann.

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